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Kann ich ein Homeoffice von den Steuern abziehen?

Ja - unter bestimmten Voraussetzungen

Unselbstständig Erwerbende können die Kosten für ein beruflich bedingtes Arbeitszimmer in der Privatwohnung grundsätzlich als Berufskosten in ihrer Steuererklärung abziehen. Dies ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft, die kumulativ erfüllt werden müssen.

Kumulative Voraussetzungen für den Homeoffice-Abzug

1. Wesentliche und regelmässige Tätigkeit im Homeoffice

  • Mindestarbeitszeit: Je nach Kanton mindestens 1/3 bis 40% der gesamten Arbeitszeit
  • Regelmäßigkeit: Nicht nur gelegentliche oder sporadische Nutzung
  • Dokumentation: Nachweis der tatsächlich geleisteten Homeoffice-Tage erforderlich

2. Kein verfügbarer Arbeitsplatz beim Arbeitgeber

  • Arbeitgeber stellt keinen Arbeitsplatz zur Verfügung oder
  • Benutzung ist nicht zumutbar oder nicht möglich
  • Smart-Working-Konzepte: Bei einer Arbeitsplatz-Ratio von 0,8 (80% des Personals hat einen Arbeitsplatz) sind die Voraussetzungen laut Bundesgericht nicht erfüllt

3. Ausscheidung eines separaten Raumes

  • Tatsächliche Nutzung: Raum wird hauptsächlich als Arbeitsplatz genutzt
  • Keine Ecken-Lösung: Homeoffice in einer Ecke des Schlafzimmers genügt nicht
  • Abgrenzung: Klare räumliche Trennung vom Wohnbereich erforderlich

Berechnung der abzugsfähigen Kosten

Grundprinzip der Berechnung

Die Kosten werden proportional zur Raumnutzung berechnet:

Bruttomiete ÷ Gesamtzahl Zimmer × Anzahl Arbeitszimmer = Steuerlicher Abzug

Praktisches Berechnungsbeispiel

Bei einer 5.5-Zimmerwohnung mit Bruttomietzins CHF 36'000 pro Jahr ergibt sich folgende Rechnung:

CHF 36'000 ÷ 7.5 Zimmer (5.5-Zimmerwohnung + 2 Nebenräume) × 1 Arbeitszimmer = CHF 4'800 steuerlicher Abzug

Wichtige Berechnungshinweise

  • Nebenräume: Die meisten Steuerverwaltungen verlangen den Einbezug von zwei Nebenräumen bei der Berechnung
  • Wohneigentum: Bei Eigentum erfolgt die Berechnung aufgrund des Eigenmietwertes
  • Private Nutzung: Wird das Arbeitszimmer nicht ausschliesslich beruflich genutzt, ist ein angemessener Privatanteil zu berücksichtigen

Abzug vs. Pauschale - Was ist günstiger?

Entweder-oder-Prinzip

  • Arbeitszimmer-Abzug ODER Pauschale für übrige Berufskosten
  • Keine Kumulation beider Abzüge möglich
  • Wahl der günstigeren Option jährlich möglich

Zusätzliche Optimierung

Übersteigen die Arbeitszimmer-Kosten die Pauschale und werden effektive Kosten geltend gemacht, lohnt es sich zusätzlich zu prüfen, ob auch andere effektive Berufskosten wie Fachliteratur, Beiträge an Berufsverbände, Berufskleider oder Hard-/Software geltend gemacht werden können.

Steuerliche Behandlung von Homeoffice-Entschädigungen

Spesen vs. Berufsauslagen

Die steuerliche Behandlung hängt von der Art der Arbeitsvereinbarung ab:

Spesen (nicht steuerpflichtig)

Entschädigungen sind Spesen und nicht steuerpflichtig, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. In diesem Fall entstehen die Auslagen während der konkreten Ausführung der Arbeitstätigkeit.

Berufsauslagen (steuerpflichtig)

Entschädigungen für die gelegentliche Benutzung des privaten Arbeitszimmers ausserhalb der eigentlichen Arbeitszeit bei grundsätzlichem Vorhandensein eines Arbeitsplatzes stellen steuerbaren und sozialversicherungspflichtigen Lohn dar.

Praktische Herausforderungen und Handhabung

Restriktive Praxis der Behörden

Die Abzugsfähigkeit der Kosten eines privaten Arbeitszimmers ist in der Praxis vielfach umstritten und wird nach wie vor restriktiv gehandhabt.

Pragmatischer Ansatz

Bei der Steuererklärung handelt es sich um eine Selbstdeklaration. Wer notwendige Auslagen für ein Homeoffice hat, kann diese geltend machen; im schlechtesten Fall wird der Abzug einfach nicht gewährt.

Konsequente Deklaration erforderlich

Macht man geltend, im Homeoffice zu arbeiten und hierfür Kosten zu haben, fallen für diese Tage im Umkehrschluss Abzüge für auswärtige Verpflegung oder Arbeitsweg weg.

Corona-bedingte Sonderregelungen

Kulante Handhabung 2020

Erste Steuerverwaltungen haben publiziert, dass während der Zeit des Lockdowns bzw. in der Steuerperiode 2020 die Berufskosten für Unselbstständig Erwerbende (Fahrkosten zwischen Wohn- und Arbeitsort, Verpflegungskosten) ungeachtet allfälliger Homeoffice-Tage ungekürzt geltend gemacht werden können.

Entwicklung der Praxis

Es ist damit zu rechnen, dass sich die Steuerbehörden bezüglich konkreter Handhabung in Zukunft äussern werden bzw. eine Veranlagungspraxis entwickelt werden muss.

Zusätzlich abzugsfähige Homeoffice-Kosten

IT-Infrastruktur und Ausstattung

  • Computer/Laptop: Beruflich genutzter Anteil
  • Software-Lizenzen: Beruflich notwendige Programme
  • Internet/Telefon: Geschäftlich genutzter Anteil
  • Drucker und Verbrauchsmaterial: Toner, Papier für berufliche Zwecke

Büroausstattung und Einrichtung

  • Büromöbel: Schreibtisch, Bürostuhl, Regale
  • Beleuchtung: Arbeitsplatzspezifische Beleuchtung
  • Büromaterial: Schreibwaren, Ordner, Hefter

Betriebskosten (anteilig)

  • Heizung: Anteilige Kosten für das Arbeitszimmer
  • Strom: Zusätzlicher Verbrauch durch Bürogeräte
  • Reinigung: Professionelle Reinigung des Arbeitsbereichs

Dokumentation und Nachweise

Erforderliche Belege

  • Arbeitsvertrag: Homeoffice-Regelung dokumentiert
  • Arbeitgeber-Bestätigung: Anzahl und Regelmässigkeit der Homeoffice-Tage
  • Mietvertrag/Eigentümerunterlagen: Nachweis der Wohnkosten
  • Grundrissplan: Raumaufteilung und Flächenverteilung
  • Rechnungen: Alle Anschaffungen und laufenden Kosten

Laufende Dokumentation

  • Homeoffice-Tagebuch: Tägliche Erfassung der Arbeitszeiten zu Hause
  • Kalendereinträge: Nachweis der beruflichen Termine im Homeoffice
  • E-Mail-Kommunikation: Bestätigung der Homeoffice-Vereinbarungen
  • Fotos: Arbeitsplatz und Raumausstattung

FABI und Fahrkostenabzug

Besondere Regelung für Homeoffice-Tage

Regelmässige Homeoffice-Tage gelten steuerlich als Aussendiensttage. Der Arbeitgeber muss den prozentualen Anteil der Außendiensttage unter Ziffer 15 des Lohnausweises bescheinigen.

Praktische Auswirkung

  • Keine FABI-Begrenzung: Fahrkostenabzug für Homeoffice-Tage nicht limitiert
  • Dokumentationspflicht: Homeoffice-Tage sollten laufend, lückenlos und nachvollziehbar dokumentiert werden

Internationale Aspekte

Grenzüberschreitende Arbeitsverhältnisse

Werden Arbeitstage bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen im Homeoffice am Wohnort geleistet, kann dies zu einer anderen Zuweisung des Besteuerungsrechts des Arbeitslohnes führen.

Beispiel Wochenaufenthalter

Bei internationalen Wochenaufenthaltern (Wohnsitz Deutschland, Arbeitsort Schweiz) ist jeder einzelne am Wohnort in Deutschland geleistete Arbeitstag in Deutschland steuerpflichtig und muss in der Schweiz entsprechend steuerlich freigestellt werden.

Betriebsstättenrisiko für Arbeitgeber

Steuerliche Konsequenzen

Wenn Mitarbeiter dauerhaft einen massgeblichen Anteil ihrer Arbeitszeit ausserhalb des Unternehmenssitzes im Homeoffice verbringen, kann dieses zu einer festen Geschäftseinrichtung werden und steuerlich als Betriebsstätte des Unternehmens qualifiziert werden.

Folgen für Unternehmen

Liegt steuerlich eine Betriebsstätte vor, wird der Arbeitgeber am Ort des Homeoffice steuerpflichtig und muss für einen Anteil seines Unternehmensgewinns dort anteilsmässig Steuern abführen.

Häufige Fehler und deren Vermeidung

Unzureichende Voraussetzungen

  • Problem: Homeoffice-Anteil unter der erforderlichen Mindestgrenze
  • Lösung: Genaue Dokumentation und realistische Einschätzung der Arbeitszeit

Fehlende Raumabgrenzung

  • Problem: Kein separater, hauptsächlich beruflich genutzter Raum
  • Lösung: Klare räumliche Trennung schaffen oder dokumentieren

Doppelabzüge

  • Problem: Fahrt- und Verpflegungskosten an Homeoffice-Tagen zusätzlich abgezogen
  • Lösung: Konsequente Trennung zwischen Büro- und Homeoffice-Tagen

Unvollständige Dokumentation

  • Problem: Fehlende Belege und Nachweise bei Steuerkontrolle
  • Lösung: Systematische Belegsammlung und lückenlose Dokumentation

Kantonale Unterschiede

Mindestarbeitszeit-Anforderungen

  • 1/3 der Arbeitszeit: Mehrheit der Kantone
  • 40% der Arbeitszeit: Einzelne strengere Kantone
  • Individuelle Prüfung: Einzelfallbeurteilung bei Grenzfällen

Pauschalen für Berufskosten

  • Zürich: 2'000-3'000 CHF je nach Einkommen
  • Bern: 2'000 CHF Standardpauschale
  • Basel-Stadt: 2'500 CHF
  • Genf: Bis 3'500 CHF möglich

Handhabung der Praxis

  • Liberal: Zürich, Basel-Stadt, Genf
  • Mittel: Bern, Aargau, St. Gallen
  • Restriktiv: Einzelne kleinere Kantone

Strategische Überlegungen

Mehrjährige Planung

  • Anschaffungsjahr: Grössere Investitionen konzentrieren
  • Abschreibungen: Optimale Verteilung über mehrere Jahre
  • Arbeitsverträge: Homeoffice-Regelungen rechtzeitig verhandeln

Optimierung der Abzüge

  • Vergleichsrechnung: Jährlich Pauschale vs. Einzelnachweis prüfen
  • Zusätzliche Berufskosten: Bei Einzelnachweis weitere Kosten sammeln
  • Timing: Anschaffungen steuerlich optimal verteilen

Zukunftsaussichten

Rechtliche Entwicklungen

  • Harmonisierung: Angleichung der kantonalen Regelungen erwartet
  • Liberalisierung: Trend zu grosszügigerer Handhabung
  • EU-Entwicklungen: Mögliche Anpassungen an internationale Standards

Digitalisierung der Arbeitswelt

  • Hybrid Work: Neue Arbeitsmodelle erfordern angepasste Regelungen
  • Technologie: Bessere Erfassung und Dokumentation möglich
  • Gesellschaftlicher Wandel: Homeoffice wird zum Standard

Praktische Tipps

Sofortmassnahmen

  • Arbeitsplatz dokumentieren: Fotos und Grundriss erstellen
  • Kosten erfassen: Systematische Belegsammlung beginnen
  • Arbeitszeit protokollieren: Homeoffice-Tage lückenlos dokumentieren

Jährliche Optimierung

  • Jahresplanung: Anschaffungen steuerlich optimal timen
  • Vergleichsrechnung: Beste Abzugsmethode wählen
  • Professionelle Beratung: Bei komplexen Fällen Steuerberater konsultieren

Langfristige Strategie

  • Arbeitsverträge: Homeoffice-Regelungen optimieren
  • Raumplanung: Arbeitsbereich steueroptimal gestalten
  • Dokumentation: Professionelle Belegverwaltung etablieren

Fazit

Der steuerliche Abzug von Homeoffice-Kosten ist in der Schweiz möglich, aber an strenge Voraussetzungen geknüpft. Entscheidend sind eine wesentliche und regelmässige Tätigkeit im Homeoffice (mindestens 1/3 der Arbeitszeit), das Fehlen eines verfügbaren Arbeitsplatzes beim Arbeitgeber und die Ausscheidung eines separaten Raumes.

Die Berechnung erfolgt proportional zur Raumnutzung, wobei die meisten Steuerverwaltungen Nebenräume miteinbeziehen. Bei einer typischen 5.5-Zimmerwohnung mit CHF 36'000 Jahresmiete können so CHF 4'800 steuerlich abgezogen werden.

Wichtig ist die konsequente Dokumentation aller Homeoffice-Tage und -Kosten, da die Praxis restriktiv gehandhabt wird. Bei der Steuererklärung handelt es sich um eine Selbstdeklaration - im schlechtesten Fall wird der Abzug nicht gewährt, rechtliche Konsequenzen drohen aber nicht.

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