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Muss ich eine Steuererklärung machen, wenn ich Quellensteuer zahle?

Muss ich eine Steuererklärung machen, wenn ich Quellensteuer zahle? Der vollständige Leitfaden

Kurze Antwort: In der Regel nicht, aber es gibt wichtige Ausnahmen. Wenn Sie Quellensteuer zahlen, müssen Sie normalerweise keine Steuererklärung ausfüllen. Allerdings gibt es bestimmte Situationen, in denen Sie trotz Quellensteuer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind oder davon profitieren können.

Was ist Quellensteuer?

Definition und Funktionsweise

Die Quellensteuer ist eine Steuer, die direkt vom Einkommen abgezogen wird, bevor es an den Arbeitnehmer ausgezahlt wird. Der Arbeitgeber ist verantwortlich für:

  • Monatlichen Abzug der geschuldeten Steuer vom Lohn
  • Überweisung an die kantonale Steuerverwaltung
  • Umfassung aller Steuern: Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern

Wer zahlt Quellensteuer?

Ausländische Arbeitnehmer in der Schweiz

  • Mit Wohnsitz in der Schweiz: Alle ohne Niederlassungsbewilligung (Ausweis C)
  • Ohne Niederlassungsbewilligung C und nicht verheiratet mit Schweizer/in oder C-Bewilligungsinhaber/in
  • Verschiedene Ausweis-Typen: B, L, G, F, N, S

Im Ausland wohnhafte Personen

  • Grenzgänger/innen: Arbeiten in der Schweiz, wohnen im Ausland
  • Wochenaufenthalter/innen: Temporärer Aufenthalt in der Schweiz
  • Andere: Referent/innen, Sportler/innen, Künstler/innen

Ausnahmen von der Quellensteuer

Nicht quellensteuerpflichtig sind:

  • Personen mit Niederlassungsbewilligung (Ausweis C)
  • Personen, deren Ehepartner/in Schweizer Bürgerrecht oder Ausweis C besitzt
  • Schweizer Staatsangehörige

Wann KEINE Steuererklärung nötig ist

Standardfall bei Quellensteuer

Wenn Sie an der Quelle besteuert werden, müssen Sie in der Regel keine Steuererklärung ausfüllen. Die Quellensteuer deckt bereits alle Steuerarten ab:

  • Direkte Bundessteuer
  • Kantonale Einkommenssteuer
  • Gemeindesteuern

Vollständige Abgeltung

Die Quellensteuer gilt als vollständige Abgeltung Ihrer Steuerpflicht, wenn:

  • Ihr Bruttoeinkommen unter CHF 120'000 pro Jahr liegt
  • Sie keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte haben
  • Ihr Vermögen unter den kantonalen Schwellenwerten liegt
  • Keine besonderen Umstände vorliegen

Wann eine Steuererklärung OBLIGATORISCH ist

1. Einkommensschwelle CHF 120'000

Beträgt das Jahreseinkommen mehr als CHF 120'000, so muss in der Regel einmal jährlich eine ordentliche Steuererklärung ausgefüllt werden.

Wichtige Details:

  • Bruttojahrseinkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit massgebend
  • Bei Ehepaaren: Einkommen werden NICHT zusammengerechnet (jeder separat betrachtet)
  • Bei unterjähriger Steuerpflicht: Umrechnung auf 12 Monate
  • Obligatorische NOV: Nachträgliche ordentliche Veranlagung von Amtes wegen

2. Zusätzliche Einkünfte

Sie müssen eine Steuererklärung abgeben, wenn Sie zusätzliche Einkünfte haben, die nicht der Quellensteuer unterliegen:

Häufige Beispiele zusätzlicher Einkünfte:

  • Selbständigkeitseinkommen: Nebenerwerb, Beratungstätigkeiten
  • Kapitalerträge: Zinsen, Dividenden (abhängig von kantonalen Schwellenwerten)
  • Mieteinnahmen: Vermietung von Liegenschaften
  • Unterhaltszahlungen: Erhaltene Alimente
  • Andere Erwerbseinkommen: Honorare, Tantiemen

Kantonale Schwellenwerte (Beispiele):

  • Zürich: CHF 3'000 zusätzliches Einkommen
  • Bern: CHF 2'000 Zinserträge, CHF 5'000 sonstiges Einkommen
  • St. Gallen: Keine feste Schwelle, fallweise Beurteilung

3. Vermögensschwellenwerte

Bei Überschreitung bestimmter Vermögensgrenzen wird eine Steuererklärung obligatorisch:

Beispiele kantonaler Vermögensschwellen:

  • Zürich: CHF 80'000 (ledig), höhere Beträge bei Verheirateten
  • St. Gallen: CHF 75'000 (ledig) + CHF 20'000 pro Kind, CHF 150'000 (verheiratet)
  • Bern: Verschiedene Schwellenwerte je nach Situation

4. Verrechnungssteuer-Rückforderung

Wenn Verrechnungssteuerguthaben zurückgefordert werden, ist eine nachträgliche ordentliche Veranlagung obligatorisch.

Nachträgliche Ordentliche Veranlagung (NOV)

Was ist die NOV?

Die NOV ist ein Verfahren, bei dem:

  • Steuererklärung ausgefüllt wird wie bei ordentlich Veranlagten
  • Bereits bezahlte Quellensteuer zinslos angerechnet wird
  • Individuelle Abzüge geltend gemacht werden können
  • Definitive Steuerrechnung erstellt wird

Obligatorische NOV

Seit dem 1. Januar 2021 gelangt die obligatorische NOV zur Anwendung, wenn eine quellensteuerpflichtige Person mit Ansässigkeit in der Schweiz jährliche Bruttolohneinkünfte von mindestens 120'000 Franken erzielt.

Wichtige Konsequenzen:

  • Automatische Fortsetzung: NOV gilt bis Ende der Quellensteuerpflicht
  • Auch bei späterem Unterschreiten: Schwelle temporär unterschreiten ändert nichts
  • Steuererklärungspflicht: Jährliche Abgabe erforderlich

Freiwillige NOV (Antrag)

Personen mit einem Jahreseinkommen unter CHF 120'000 können bis Ende März des folgenden Jahres eine nachträgliche Veranlagung beantragen.

Wann eine Steuererklärung VORTEILHAFT ist

Freiwilliger Antrag auf NOV

Auch wenn nicht obligatorisch, kann eine NOV vorteilhaft sein bei:

Zusätzliche Abzugsmöglichkeiten:

  • Berufsauslagen: Effektive Fahrt- und Verpflegungskosten
  • Säule 3a-Einzahlungen: Bis zu den jährlichen Höchstbeträgen
  • Pensionskasseneinkäufe: Freiwillige Einkäufe abziehen
  • Aus- und Weiterbildungskosten: Selbstgetragene Kosten (bis CHF 12'000/Jahr)
  • Krankheitskosten: Über Selbstbehalt hinausgehende Kosten
  • Kinderbetreuungskosten: Drittbetreuung abziehen
  • Spenden: An gemeinnützige Organisationen

Rückerstattung möglich

Wenn Ihre tatsächliche Steuerschuld niedriger ist als die bezahlte Quellensteuer, erhalten Sie eine Rückerstattung.

Frist für freiwilligen Antrag

Der Antrag muss bis zum 31. März des Folgejahres eingereicht werden.

Praktisches Vorgehen

Prüfung der Pflicht zur Steuererklärung

Checkliste - Sie müssen eine Steuererklärung abgeben, wenn:

  • ☐ Bruttoeinkommen ≥ CHF 120'000
  • ☐ Zusätzliche Einkünfte über kantonalen Schwellenwerten
  • ☐ Vermögen über kantonalen Schwellenwerten
  • ☐ Verrechnungssteuer-Rückforderung gewünscht
  • ☐ Bereits einmal NOV beantragt (dann obligatorisch bis Ende QST-Pflicht)

Anmeldung bei Steuerbehörde

Wenn Sie zur Steuererklärung verpflichtet sind, müssen Sie sich proaktiv bei der zuständigen Steuerverwaltung melden:

  • Schriftliche Meldung: Brief oder E-Mail
  • Erforderliche Unterlagen: Lohnausweis, Vermögensnachweis
  • Frist beachten: Meist bis 31. März des Folgejahres

Erhalt der Steuererklärung

Nach Anmeldung erhalten Sie:

  • Steuererklärungsformulare: Wie ordentlich Veranlagte
  • Bearbeitungsfrist: Innerhalb vorgesehener Frist ausfüllen
  • Wegleitung: Kantonale Ausfüllhilfen

Kantonale Unterschiede

Verschiedene Schwellenwerte

Jeder Kanton hat eigene Regelungen für:

  • Vermögensschwellen: Von CHF 75'000 bis CHF 150'000
  • Zusatzeinkommen: Von CHF 2'000 bis CHF 5'000
  • Spezielle Regelungen: Einzelfallbeurteilungen

Informationsquellen

Aktuelle Schwellenwerte und Regelungen finden Sie bei:

  • Kantonalen Steuerverwaltungen: Offizielle Websites
  • Steuermerkblätter: Detaillierte Wegleitungen
  • Beratungsstellen: Persönliche Auskünfte

Risiken bei Nicht-Beachtung

Steuerstrafrechtliche Konsequenzen

Quellensteuerpflichtige Arbeitnehmende müssen sich proaktiv und selbstständig bei der Steuerbehörde melden, ansonsten drohen steuerstrafrechtliche Konsequenzen.

Mögliche Sanktionen:

  • Nachsteuerverfahren: Mit Zinsen
  • Bussen: Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Unterlassung
  • Strafverfahren: Bei schweren Fällen

Verjährungsfristen

  • Reguläre Verjährung: 5 Jahre nach Ablauf der Steuerperiode
  • Bei Steuerhinterziehung: Längere Fristen möglich

Spezielle Situationen

Ehepartner mit unterschiedlichem Status

Konstellation: Ein Partner quellenbesteuert, der andere ordentlich besteuert

  • Gemeinsame Veranlagung: Meist erforderlich
  • Besondere Regelungen: Je nach Kanton unterschiedlich
  • Professionelle Beratung: Empfohlen

Wechsel während des Jahres

Situationen:

  • Erhalt Ausweis C: Wechsel zur ordentlichen Veranlagung
  • Heirat: Änderung des Status
  • Überschreitung CHF 120'000: Während des Jahres

Grenzgänger

Besonderheiten:

  • Arbeitsortprinzip: Quellensteuer am Arbeitsort
  • Doppelbesteuerungsabkommen: Besondere Regelungen
  • Jährlicher NOV-Antrag: Bei Bedarf erneuern

Praktische Tipps

Dokumentation führen

Wichtige Unterlagen sammeln:

  • Lohnabrechnungen: Alle Arbeitgeber
  • Kontoauszüge: Zinserträge nachweisen
  • Belegsammlung: Für potentielle Abzüge
  • Vermögensnachweise: Per 31. Dezember

Fristen im Auge behalten

  • 31. März: Antrag auf freiwillige NOV
  • Steuererklärung: Nach Erhalt innert Frist einreichen
  • Verlängerung: Bei Bedarf beantragen

Professionelle Hilfe

Wann Beratung suchen:

  • Komplexe Verhältnisse: Mehrere Einkommen, Vermögen
  • Internationale Bezüge: Grenzgänger, Doppelbesteuerung
  • Unsicherheit: Bei Schwellenwerten und Pflichten

Vorteile und Nachteile der NOV

Vorteile

  • Individuelle Abzüge: Höhere Abzüge als Pauschalen
  • Rückerstattung möglich: Bei Überzahlung
  • Rechtssicherheit: Definitive Veranlagung
  • Gleichbehandlung: Wie ordentlich Veranlagte

Nachteile

  • Administrativer Aufwand: Jährliche Steuererklärung
  • Höhere Kosten möglich: Bei niedrigen Pauschalen
  • Komplexität: Mehr zu beachten
  • Bindung: NOV gilt bis Ende der Quellensteuerpflicht

Fazit

Die Antwort auf die Frage "Muss ich eine Steuererklärung machen, wenn ich Quellensteuer zahle?" lautet:

Nein, normalerweise nicht - aber wichtige Ausnahmen beachten:

Steuererklärung OBLIGATORISCH bei:

  • Bruttoeinkommen ≥ CHF 120'000
  • Zusätzlichen Einkünften über Schwellenwerten
  • Vermögen über kantonalen Grenzen
  • Verrechnungssteuer-Rückforderung

Steuererklärung VORTEILHAFT bei:

  • Hohen individuellen Abzügen
  • Überzahlter Quellensteuer
  • Komplexen Steuerverhältnissen

Wichtigste Handlungsempfehlungen:

  1. Eigene Situation prüfen: Schwellenwerte kontrollieren
  2. Proaktiv handeln: Bei Pflicht rechtzeitig anmelden
  3. Fristen einhalten: 31. März für NOV-Antrag
  4. Dokumentation: Belege systematisch sammeln
  5. Beratung nutzen: Bei Unsicherheiten professionelle Hilfe

Die Quellensteuer ist ein einfaches System, aber die Ausnahmen sind wichtig und können teuer werden, wenn sie nicht beachtet werden.

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