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Was ist der Eigenmietwert und wie wird er berechnet?

Definition des Eigenmietwerts

Naturaleinkommen aus Wohneigentum

Die Nutzung der eigenen Wohnung oder des eigenen Hauses stellt aus steuerlicher Sicht ein Naturaleinkommen dar, das in Form des Eigenmietwerts zu versteuern ist.

Steuerliche Gleichbehandlung

Grundsätzlich soll dieses Steuersystem verhindern, dass Eigenheimbesitzer bessergestellt sind als Steuerpflichtige, die zur Miete wohnen, ihre Liegenschaft vermieten oder ihr Vermögen in Wertschriften investieren.

Ausgleich durch Abzüge

Im Gegenzug lassen sich die Hypothekarzinsen und die Kosten für den Unterhalt der Liegenschaft in der Steuererklärung vom Eigenmietwert abziehen.

Berechnung des Eigenmietwerts

Grundprinzip: Marktmiete als Basis

Der Eigenmietwert richtet sich in den meisten Kantonen nach der sogenannten Marktmiete. Das ist der Mietzins, den man erzielen könnte, wenn man sein Eigenheim vermieten würde.

Bundesgerichtliche Mindestgrenze

Das Bundesgericht schreibt vor, dass der Eigenmietwert mindestens 60 Prozent der Marktmiete betragen muss. Darüber hinaus ist es aber den Kantonen selbst überlassen, den Eigenmietwert nach eigenen Regeln zu berechnen.

Kantonale Unterschiede

Oft ist die Berechnung ziemlich kompliziert und nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Die meisten Kantone haben eine Obergrenze bei 70 Prozent der Marktmiete festgelegt.

Steuerliche Auswirkungen des Eigenmietwerts

Abzugsmöglichkeiten

Vom Eigenmietwert abziehen darf man in der Steuererklärung:

  • Hypothekarzinsen (vollständig)
  • Unterhaltskosten (effektiv oder pauschal)

Steuerliche Vor- und Nachteile

  • Steuerersparnis: Wenn Schuldzinsen und Unterhaltskosten zusammengerechnet höher sind als der Eigenmietwert
  • Steuernachteil: Im umgekehrten Fall zahlen Eigenheimbesitzer mehr Steuern, als wenn sie kein Eigenheim hätten
  • Zinsniveau-Abhängigkeit: Bei tiefem Zinsniveau oft Steuernachteil

Praktisches Berechnungsbeispiel

Ausgangslage

Bei einem Eigenheim im Wert von 1 Million Franken wirkt sich ein Hypothekarzinssatz von 2 Prozent folgendermassen auf die Steuern aus:

Steuerbares Einkommen ohne Eigenheim: 150'000 CHF
+ Eigenmietwert: +18'000 CHF
- Hypothekarzinsen (800'000 × 2%): -16'000 CHF  
- Unterhaltskosten: -2'800 CHF
= Steuerbares Einkommen mit Eigenheim: 149'200 CHF
Mehrbelastung: +3'200 CHF
Bei 35% Grenzsteuersatz: +1'100 CHF mehr Steuern

Szenario bei niedriger Verschuldung

Stärker benachteiligt sind Eigenheimbesitzer, die ihre Hypothek stark amortisiert oder sogar ganz abbezahlt haben. Beträgt die Hypothek nur 200'000 Franken, zahlt der Hausbesitzer in unserem Beispiel jedes Jahr über 5'000 Franken mehr Steuern.

+ Eigenmietwert: +18'000 CHF
- Hypothekarzinsen (200'000 × 2%): -4'000 CHF
- Unterhaltskosten: -2'800 CHF  
= Mehrbelastung: +11'200 CHF
Bei 35% Grenzsteuersatz: +3'920 CHF mehr Steuern

Reduktion des Eigenmietwerts

Obergrenze prüfen

Laut Bundesgericht darf der Eigenmietwert die marktübliche Miete nicht übersteigen. Die meisten Kantone haben eine tiefere Obergrenze bei 70 Prozent der Marktmiete festgelegt.

Einsprache bei Überschreitung

Übersteigt der Eigenmietwert die obere Grenze, kann man:

  • In einigen Kantonen in der Steuererklärung einen tieferen Wert einsetzen
  • In anderen Kantonen Einsprache gegen die Verfügung erheben
  • Beweismittel wie Gutachten beilegen

Abzug wegen Unternutzung

Wer einzelne Zimmer nicht mehr nutzt, zum Beispiel weil die Kinder ausgeflogen sind oder der Ehepartner gestorben ist, kann in einigen Kantonen und bei der direkten Bundessteuer einen Abzug vom Eigenmietwert wegen Unternutzung beantragen.

Härtefallregelung

Ein Abzug vom Eigenmietwert ist in einigen wenigen Kantonen auch dann zulässig, wenn zwischen dem Eigenmietwert und dem steuerbaren Einkommen und Vermögen ein krasses Missverhältnis besteht.

Optimierungsstrategien

Unterhaltskosten geschickt planen

In allen Kantonen kann man jedes Jahr entscheiden, ob man die effektiven Unterhaltskosten abziehen oder den Pauschalabzug geltend machen will.

Steueroptimale Verteilung

Wer eine größere Sanierung oder einen Umbau plant, sollte die steuerlich abzugsfähigen Ausgaben auf mehrere Steuerperioden verteilen. So kann man den Eigenmietwert mehrere Jahre kompensieren und zahlt insgesamt weniger Steuern.

Energiesparende Investitionen

Als Unterhaltskosten gelten in den meisten Kantonen auch Investitionen, die den Energieverbrauch senken oder sonst nachhaltig wirken:

  • Solarzellen
  • Bessere Aussendämmung
  • Umrüstung auf Wärmepumpe

Energiesparkosten kann man bis zu drei Jahre geltend machen, wenn sie im Entstehungsjahr steuerlich nicht vollständig berücksichtigt werden können.

Hypothek steuersparend amortisieren

Problem der direkten Amortisation

Nach einer direkten Amortisation fällt das steuerbare Einkommen höher aus, weil dem Eigenmietwert weniger Schuldzinsen gegenüberstehen.

Vorteil der indirekten Amortisation

Darum ist es besser, die Hypothek indirekt zu amortisieren – etwa, indem man den Betrag in die Säule 3a oder in die Pensionskasse einzahlt und die Hypothek erst bei der Pensionierung mit dem angesparten Guthaben zurückzahlt.

Doppelter Steuervorteil

  • Die Hypothek bleibt gleich hoch → Schuldzinsen können jedes Jahr in voller Höhe abgezogen werden
  • Zusätzlicher Abzug für freiwillige Einzahlungen in die Pensionskasse und Säule 3a

Detaillierte Berechnungsgrundlagen

Marktmiete ermitteln

Die Kantone verwenden verschiedene Methoden zur Ermittlung der Marktmiete:

  • Vergleichsmieten ähnlicher Objekte in der Region
  • Mietpreisindizes und statistische Auswertungen
  • Periodische Neubewertungen (alle 5-15 Jahre je nach Kanton)
  • Individuelle Schätzungen bei besonderen Objekten

Bewertungsfaktoren

Bei der Festlegung des Eigenmietwerts werden berücksichtigt:

  • Lage der Immobilie
  • Grösse und Raumaufteilung
  • Baujahr und Baustandard
  • Ausstattung und Zustand
  • Besondere Merkmale (Garten, Aussicht, etc.)

Kantonale Besonderheiten

Jeder Kanton hat eigene Regelungen:

  • Verschiedene Prozentsätze der Marktmiete
  • Unterschiedliche Bewertungsverfahren
  • Abweichende Reduktionsmöglichkeiten
  • Verschiedene Einsprachefristen

Unterhaltskosten optimal nutzen

Effektive vs. pauschale Abzüge

Die meisten Kantone bieten zwei Optionen:

Pauschalabzug

  • Prozentsatz vom Eigenmietwert (meist 10-20%)
  • Einfach und ohne Belege
  • Planbar in der Höhe

Effektive Kosten

  • Alle tatsächlichen Ausgaben mit Belegen
  • Oft höher als Pauschale
  • Aufwändiger in der Dokumentation

Abzugsfähige Unterhaltskosten

  • Reparaturen und Renovationen
  • Wartung und Service
  • Versicherungsprämien
  • Verwaltungskosten
  • Energetische Verbesserungen

Nicht abzugsfähige Ausgaben

  • Wertvermehrende Investitionen (neue Küche, Anbau)
  • Erstausstattung bei Neubau
  • Private Nebenkosten (Strom, Wasser für eigenen Verbrauch)

Timing und Planungsaspekte

Mehrjährige Steuerplanung

  • Grosse Projekte auf mehrere Jahre verteilen
  • Steuerbelastung gleichmässig halten
  • Grenzsteuersätze berücksichtigen

Optimaler Zeitpunkt für Investitionen

  • Hohe Steuerjahre für grosse Ausgaben nutzen
  • Pensionierung als Planungshorizont
  • Gesetzesänderungen antizipieren

Rechtliche Grundlagen und Einsprachen

Einspracherecht

Bei zu hoch angesetztem Eigenmietwert:

  • Kostenlose Einsprache binnen Frist
  • Begründung mit Beweismitteln
  • Gutachten bei grösseren Beträgen sinnvoll

Erfolgsaussichten

  • Allgemeine Marktanpassungen schwer anfechtbar
  • Objektspezifische Besonderheiten bessere Chancen
  • Vergleichsobjekte als Argumentation nutzen

Zukunft des Eigenmietwerts

Aktuelle politische Lage

Der Eigenmietwert steht seit Jahrzehnten politisch unter Beschuss, hat bisher aber jeden Angriff überstanden. Ende August 2021 sprach sich der Bundesrat für die Abschaffung aus.

Geplante Änderungen

Im Gegenzug zur Abschaffung sollen:

  • Steuerabzüge rund ums Eigenheim abgeschafft oder stark eingeschränkt werden
  • Neue Berechnungsgrundlagen für die Besteuerung geschaffen werden

Unsicherheiten

Offen ist:

  • Wie die definitive Gesetzesvorlage aussehen wird
  • Ob sie im Fall eines Referendums auch bei der Schweizer Bevölkerung eine Mehrheit finden wird
  • Zeitpunkt der Umsetzung

Praktische Handlungsempfehlungen

Sofortmassnahmen

  1. Aktuellen Eigenmietwert prüfen und hinterfragen
  2. Alle Abzüge optimal ausschöpfen
  3. Unterhaltsarbeiten steuerlich optimal planen

Mittelfristige Strategien

  1. Amortisationsstrategie überdenken (indirekt vs. direkt)
  2. Energetische Sanierungen in Angriff nehmen
  3. Professionelle Beratung bei komplexen Situationen

Langfristige Planung

  1. Entwicklungen in der Gesetzgebung verfolgen
  2. Nachfolgeplanung steueroptimal gestalten
  3. Alternative Anlagestrategien prüfen

Fazit

Der Eigenmietwert ist ein fiktives Einkommen, das Eigenheimbesitzer in der Schweiz versteuern müssen. Er beträgt mindestens 60 Prozent der Marktmiete und wird kantonal unterschiedlich berechnet.

Wichtigste Erkenntnisse:

  • Berechnung: Mindestens 60%, meist bis 70% der Marktmiete
  • Abzüge: Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten vollständig absetzbar
  • Benachteiligung: Besonders bei niedrigen Zinsen und geringer Verschuldung
  • Optimierung: Indirekte Amortisation und geschickte Unterhaltsplanung
  • Zukunft: Politische Diskussion über Abschaffung läuft

Das System bevorzugt verschuldete Eigentümer und kann bei niedrigen Zinsen zu erheblichen Steuernachteilen führen. Mit der richtigen Planung lassen sich die Auswirkungen jedoch deutlich abfedern.

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