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Was zählt zum steuerbaren Einkommen? Der vollständige Leitfaden für die Schweiz

Das steuerbare Einkommen bildet die Grundlage für die Berechnung Ihrer Steuern in der Schweiz. Es unterscheidet sich erheblich von Ihrem Bruttolohn und kann durch geschickte Steuerplanung deutlich reduziert werden. Dieser Leitfaden erklärt systematisch, was zum steuerbaren Einkommen gehört und wie Sie es berechnen.

Was ist das steuerbare Einkommen?

Das steuerbare Einkommen ist der Betrag, auf dem Ihre Steuern berechnet werden. Es entspricht nicht Ihrem Brutto- oder Nettolohn, sondern ist die Summe aller steuerpflichtigen Einkünfte nach Abzug aller zulässigen Kosten und Abzüge.

Grundformel

Steuerbareres Einkommen =
Alle steuerpflichtigen Einkünfte
- Sozialversicherungsbeiträge
- Berufsauslagen
- Allgemeine Abzüge
- Sozialabzüge

Steuerpflichtige Einkünfte: Was gehört dazu?

Erwerbseinkommen

  • Lohn aus unselbstständiger Tätigkeit: Grundlohn, Boni, 13. Monatslohn
  • Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit: Gewinn aus Geschäftstätigkeit
  • Nebeneinkommen: Auch geringfügige Beträge sind steuerpflichtig
  • Naturalleistungen: Freie Kost und Logis, Dienstwagen zur Privatnutzung
  • Gratifikationen und Prämien: Alle zusätzlichen Zahlungen des Arbeitgebers

Ersatzeinkommen

  • Arbeitslosengelder: Taggelder der Arbeitslosenversicherung
  • Krankentagegelder: Von Kranken- und Unfallversicherung
  • Militär- und Zivildienst: Sold und Erwerbsersatz (mit Ausnahmen)
  • Mutterschaftsentschädigung: Taggelder während Mutterschaftsurlaub

Renten und Sozialleistungen

  • AHV-Renten: Zu 100% steuerpflichtig
  • IV-Renten: Vollständig steuerbar
  • Pensionskassenrenten: Renten der 2. Säule
  • Unfallrenten: Private und berufliche Unfallversicherung
  • Witwen- und Waisenrenten: Hinterlassenenleistungen

Einkommen aus Vermögen

  • Zinseinkommen: Bankzinsen, Obligationszinsen
  • Dividenden: Ausschüttungen von Aktien und Fonds
  • Mieteinnahmen: Erträge aus vermieteten Liegenschaften
  • Eigenmietwert: Fiktives Einkommen bei selbstgenutztem Wohneigentum
  • Nutzniessung: Erträge aus Nutzniesungsrechten

Unterhaltszahlungen

  • Erhaltene Alimente: Unterhaltsbeiträge von Ex-Partner
  • Kinderalimente: Unterhaltszahlungen für Kinder
  • Familienzulagen: Kinder- und Ausbildungszulagen (falls nicht im Lohn enthalten)

Weitere steuerpflichtige Einkünfte

  • Kapitalgewinne bei Gewerbsmässigkeit: Bei gewerbsmässigem Wertschriftenhandel
  • Entschädigungen: Schadenersatz mit Einkommenscharakter
  • Lotteriegewinne: Gewinne über den Freibeträgen
  • Kryptowährungen: Mining-Erträge und gewerbsmässiger Handel

Was ist NICHT steuerpflichtig?

Steuerfreie Einkünfte

  • Stipendien: Ohne Gegenleistung gewährte Ausbildungshilfen
  • Ergänzungsleistungen: EL zur AHV/IV
  • Überbrückungsleistungen: Für ältere Arbeitslose
  • Genugtuung: Immaterielle Schadenersatzleistungen
  • Militärsold: Grundsätzlich steuerfrei (mit Ausnahmen)
  • Zivildienstentschädigung: Taschengeld für Zivildienstleistende

Steuerfreie Sozialleistungen

  • Sozialhilfe: Bedarfsabhängige Unterstützung
  • Prämienverbilligungen: Krankenkassenprämien-Reduktionen
  • Familienzulagen: In einigen Kantonen steuerfrei

Steuerfreie Vermögensgewinne

  • Private Kapitalgewinne: Kursgewinne bei Privatvermögen
  • Hausverkauf: Gewinn aus Verkauf der selbstgenutzten Liegenschaft (teilweise)
  • Erbschaften und Schenkungen: Für den Empfänger meist steuerfrei

Berechnung des steuerbaren Einkommens: Schritt für Schritt

Schritt 1: Bruttoeinkommen ermitteln

Addieren Sie alle steuerpflichtigen Einkünfte:

  • Lohn gemäss Lohnausweis
  • Nebeneinkommen
  • Renten
  • Vermögenserträge
  • Weitere steuerpflichtige Einkünfte

Schritt 2: Obligatorische Abzüge

Ziehen Sie ab:

  • AHV-Beiträge: 5.3% des Lohns (bis Maximalbeitrag)
  • IV-Beiträge: 1.4% des Lohns
  • EO-Beiträge: 0.5% des Lohns
  • ALV-Beiträge: 1.1% auf Lohn bis CHF 148'200, darüber 0.5%
  • Pensionskassenbeiträge: Gemäss Vorsorgeausweis
  • Unfallversicherung: Obligatorischer Anteil

Schritt 3: Berufsauslagen und Gewinnungskosten

  • Fahrtkosten: Arbeitsweg über CHF 700 pro Jahr
  • Auswärtige Verpflegung: Bei entsprechenden Tätigkeiten
  • Weiterbildungskosten: Berufsrelevante Kurse und Ausbildungen
  • Arbeitskleidung: Spezielle Berufskleidung
  • Pauschalabzug: Alternative zu Einzelnachweis (kantonal unterschiedlich)

Schritt 4: Allgemeine Abzüge

  • Säule 3a-Einzahlungen: Bis zu den jährlichen Höchstbeträgen
  • Versicherungsprämien: Kranken-, Unfall-, Lebensversicherung
  • Spenden: An gemeinnützige Organisationen
  • Schuldzinsen: Private Kreditzinsen (beschränkt)
  • Krankheitskosten: Selbstbehalt über 5% des Nettoeinkommen

Schritt 5: Sozialabzüge

  • Kinderabzüge: Pro Kind (kantonal unterschiedlich)
  • Zwei-Verdiener-Abzug: Bei erwerbstätigen Ehepaaren
  • Fremdbetreuungsabzug: Kosten für Kinderbetreuung
  • Behinderungsabzug: Bei entsprechenden Voraussetzungen

Praktisches Berechnungsbeispiel

Ein Ehepaar mit zwei Kindern im Kanton Zürich mit CHF 100'000 Bruttolohn:

Ausgangslage:

  • Bruttolohn: CHF 100'000
  • Sozialversicherungsabzüge: CHF 12'500
  • Zinserträge: CHF 2'000

Berechnung:

  1. Gesamteinkommen: CHF 102'000 (100'000 + 2'000)
  2. Nach Sozialabzügen: CHF 89'500 (102'000 - 12'500)
  3. Berufsauslagen/Versicherungen/3a: CHF 20'600
  4. Reineinkommen: CHF 68'900 (89'500 - 20'600)
  5. Sozialabzüge: CHF 18'000
  6. Steuerbares Einkommen: CHF 50'900

Das steuerbare Einkommen liegt damit fast 50% unter dem Bruttoeinkommen.

Kantonal unterschiedliche Regelungen

Abzugshöhen variieren

  • Kinderabzüge: Von CHF 6'000 bis CHF 12'000 pro Kind
  • Zwei-Verdiener-Abzug: Unterschiedliche Berechnungsarten
  • Pauschalabzüge: Verschiedene Höchstbeträge
  • Säule 3a-Maximalbeiträge: Einheitlich, aber verschiedene Zusatzregelungen

Unterschiede Bund vs. Kantone

Das Einkommen für Kantons- und Gemeindesteuern ist meist nicht identisch mit dem steuerbaren Einkommen beim Bund, da:

  • Verschiedene Abzugslimiten gelten
  • Unterschiedliche Pauschalbeträge anwendbar sind
  • Spezielle kantonale Regelungen existieren

Besondere Situationen

Rentner und Pensionierte

  • Renten müssen zu 100% als Einkommen versteuert werden
  • Es gibt keinen steuerfreien Freibetrag für Renteneinkommen
  • AHV-Beitragsfreibetrag von CHF 1'400/Monat gilt nur für AHV-Pflicht, nicht für Steuern
  • Erwerbseinkommen nach Pensionierung ist vollständig steuerpflichtig

Teilerwerbstätige

  • Alle Erwerbseinkommen sind steuerpflichtig
  • Kombinationen von Lohn, Renten und anderen Einkünften werden addiert
  • Keine Freibeträge bei geringen Zusatzeinkommen

Quellenbesteuerte Personen

  • Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung C unterliegen der Quellensteuer
  • Quellensteuer erfasst Lohn und Ersatzeinkommen
  • Ab CHF 120'000 Jahreseinkommen: normale Steuererklärung obligatorisch

Steueroptimierung: Legale Wege zur Reduktion

Timing optimieren

  • Einzahlungen Säule 3a: Vor Jahresende maximieren
  • Einkaufsmöglichkeiten: Pensionskasseneinkäufe zeitlich staffeln
  • Spenden: Grössere Beträge auf mehrere Jahre verteilen

Abzüge maximieren

  • Berufsauslagen: Alle zulässigen Kosten erfassen
  • Weiterbildung: Berufsbezogene Kurse und Ausbildungen
  • Krankheitskosten: Behandlungen zeitlich konzentrieren

Familiäre Optimierung

  • Säule 3a: Beide Ehepartner nutzen
  • Erwerbstätigkeit: Steuervorteile bei Doppelverdienern prüfen
  • Kinderbetreuung: Abzugsfähige Kosten maximieren

Dokumentation und Nachweis

Wichtige Belege

  • Lohnausweis: Grundlage der Berechnung
  • Kontoauszüge: Nachweis Zinserträge
  • Versicherungsabrechnungen: Prämiennachweis
  • Spendenquittungen: Gemeinnützige Organisationen
  • Belege Berufsauslagen: Fahrtkosten, Weiterbildung

Aufbewahrungsfristen

  • Mindestens 10 Jahre alle steuerrelevanten Unterlagen
  • Digitale Kopien als Backup erstellen
  • Systematische Ablage nach Jahren organisieren

Häufige Fehler vermeiden

Vollständigkeit

  • Alle Einkommen deklarieren: Auch geringe Beträge
  • Ausländische Einkommen: Weltweite Steuerpflicht beachten
  • Naturalleistungen: Bewertung nicht vergessen

Abzugsberechtigung

  • Belege sammeln: Ohne Nachweis kein Abzug
  • Limits beachten: Höchstbeträge einhalten
  • Zeitliche Zuordnung: Zahlung im relevanten Steuerjahr

Berechnungsfehler

  • Richtige Prozentsätze: Sozialversicherung korrekt berechnen
  • Kantonale Unterschiede: Eigene Regelungen anwenden
  • Bund vs. Kanton: Verschiedene Berechnungen berücksichtigen

Digitale Hilfsmittel

Online-Rechner

  • Steuerrechner des Bundes: Offizielle Berechnungstools
  • Kantonale Rechner: Spezifische Tarife und Abzüge
  • Vergleichsrechner: Steuerbelastung verschiedener Wohnorte

Software und Apps

  • Steuerprogramme: Elektronische Steuererklärung
  • Mobile Apps: Belege fotografieren und verwalten
  • Berechnungstools: Lohnrechner und Steuerplaner

Professionelle Unterstützung

Wann Hilfe suchen?

  • Komplexe Verhältnisse: Mehrere Einkommensquellen
  • Selbstständigkeit: Geschäftsergebnisse optimieren
  • Internationale Bezüge: Doppelbesteuerungsabkommen
  • Grössere Vermögen: Steuerplanung langfristig

Beratungsquellen

  • Steuerberater: Für umfassende Beratung
  • Treuhänder: Für Geschäfts- und Privatsteuern
  • Kantonale Steuerämter: Für spezifische Fragen
  • Online-Plattformen: Für einfache Berechnungen

Kontrolle und Plausibilität

Regelmässige Überprüfung

  • Jährliche Berechnung: Steuerplanung anpassen
  • Vergleich Vorjahr: Entwicklung nachvollziehen
  • Abzugsoptimierung: Neue Möglichkeiten prüfen

Plausibilitätsprüfung

  • Steuerquote realistisch: Normalerweise 20-30% des Bruttolohns
  • Abzüge begründet: Alle Positionen nachvollziehbar
  • Vollständigkeit: Keine Einkommen vergessen

Fazit

Das steuerbare Einkommen ist deutlich komplexer als der reine Lohn und bietet erhebliche Optimierungsmöglichkeiten. Durch systematische Erfassung aller Einkünfte und konsequente Nutzung aller Abzugsmöglichkeiten können Sie Ihre Steuerbelastung legal und erheblich reduzieren.

Wichtigste Punkte:

  • Alle Einkommen sind grundsätzlich steuerpflichtig
  • Zahlreiche Abzugsmöglichkeiten reduzieren die Steuerlast
  • Kantonale Unterschiede beachten
  • Vollständige Dokumentation ist essentiell
  • Professionelle Beratung lohnt sich bei komplexen Verhältnissen

Eine sorgfältige Steuerplanung zahlt sich aus – oft im vier- bis fünfstelligen Bereich pro Jahr.

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