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Wie versteuere ich meine selbstbewohnte Liegenschaft in der Schweiz?

Eigenmietwert als fiktives Einkommen versteuern

Wer eine selbstbewohnte Liegenschaft besitzt, muss den sogenannten Eigenmietwert als fiktives Einkommen versteuern. Gleichzeitig können Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten von den Steuern abgezogen werden.

Was ist der Eigenmietwert?

Definition

Der Eigenmietwert entspricht einem fiktiven Mietzins, den Eigentümerinnen und Eigentümer bei der Vermietung ihres Wohneigentums erzielen könnten. Diesen Wert müssen Selbstnutzerinnen und Selbstnutzer als Einkommen versteuern.

Rechtliche Grundlage

Das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer definiert in Artikel 21, dass Erträge aus unbeweglichem Vermögen besteuert werden. Dazu gehört auch "der Mietwert von Liegenschaften oder Liegenschaftsteilen, die dem Steuerpflichtigen aufgrund von Eigentum oder eines unentgeltlichen Nutzungsrechts für den Eigengebrauch zur Verfügung stehen".

Steuersystematik

In Franken ausgedrückt entspricht der Eigenmietwert rund 60 bis 70 Prozent des Betrages, den ein Mieter für das Wohnobjekt pro Jahr bezahlen müsste. Das Bundesgericht hat den Eigenmietwert auf mindestens 60 Prozent und maximal 70 Prozent der marktüblichen Miete festgelegt.

Berechnung des Eigenmietwerts

Grundprinzip

Laut Bundesgericht muss der Eigenmietwert mindestens 60 Prozent und darf maximal 70 Prozent der marktüblichen Miete betragen. Festgelegt wird er von der kantonalen Steuerbehörde.

Kantonale Unterschiede bei der Berechnung

Kanton Zürich

Im Kanton Zürich wird der Eigenmietwert je nach Art der Immobilie unterschiedlich berechnet:

  • Einfamilienhäuser: 3,5 Prozent des Vermögenssteuerwerts
  • Wohnungen: 4,25 Prozent des Vermögenssteuerwerts
  • Selbstgenutzte Wohnungen in Mehrfamilienhäusern: 70 Prozent der Marktmieten

Kanton Bern

Der Eigenmietwert wird für jedes Grundstück im Rahmen der amtlichen Bewertung individuell festgelegt. Zunächst wird der sogenannte Protokollmietwert aufgrund der individuellen Eigenschaften des Grundstücks bestimmt, der anschließend mit einem Vergleichsverfahren an das Mietzinsniveau angepasst wird.

Kanton Luzern

Der Eigenmietwert beträgt 70 Prozent der Marktmieten.

Kanton St. Gallen

Der Eigenmietwert beträgt 70 Prozent der marktüblichen Miete.

Kanton Thurgau

Der Eigenmietwert für selbstgenutzte Liegenschaften beträgt 60 Prozent des indexierten Mietwerts.

Kanton Solothurn

Der Eigenmietwert beträgt 8 bis 11 Prozent vom Katasterwert bei Gebäuden durchschnittlicher Bauart. Bei Gebäuden überdurchschnittlicher Bauart wird der Eigenmietwert individuell verfügt.

Bewertungsfaktoren

Festgelegt wird der Eigenmietwert durch die zuständige kantonale Steuerbehörde. Diese berücksichtigt bei ihrer Schätzung Kriterien wie:

  • Wohnfläche
  • Lage
  • Baujahr
  • Bauweise
  • Ausstattung
  • Zustand der Immobilie

Steuerliche Abzüge

Hypothekarzinsen

Abziehen darf man die Hypothekarzinsen vollständig vom steuerbaren Einkommen. Bei der direkten Bundessteuer können Hypothekarzinsen bis zu einem Betrag von CHF 50'000 über den steuerbaren Vermögenseinträgen abgezogen werden, was in der Praxis fast nie erreicht wird.

Unterhaltskosten

Die Unterhaltskosten können in den meisten Kantonen entweder:

  • Pauschal (als Prozentsatz vom Eigenmietwert) oder
  • Effektiv (mit Belegen) angegeben werden

Abzugsfähige Unterhaltskosten

  • Reparaturen und Renovationen
  • Wartungsarbeiten
  • Verwaltungskosten
  • Versicherungsprämien (Gebäude- und Hausratversicherung)
  • Nebenkosten (soweit nicht selbst verbraucht)

Nicht abzugsfähige Kosten

  • Wertvermehrende Investitionen (neue Küche, Anbau)
  • Private Nebenkosten (Strom, Gas, Wasser für eigenen Verbrauch)

Praktisches Beispiel aus der Quelle

Ausgangslage

Beispiel eines Hausbesitzers, dessen Liegenschaft 1 Million Franken wert ist. Sein steuerbares Einkommen von 150'000 Franken erhöht sich um den Eigenmietwert.

Berechnung bei hoher Verschuldung

Selbstbewohnte Liegenschaft, Verkehrswert 1 Mio. Fr., Hypothek 800'000 Fr. zu 2% Zins, Grenzsteuersatz 35%:

Eigenmietwert: +18'000 CHF
Hypothekarzinsen (800'000 × 2%): -16'000 CHF
Unterhaltskosten: -2'800 CHF
Netto-Mehrbelastung: +3'200 CHF
Zusätzliche Steuern (35%): +1'120 CHF

Berechnung bei niedriger Verschuldung

Stärker benachteiligt sind Eigenheimbesitzer, die ihre Hypothek stark amortisiert oder sogar ganz abbezahlt haben. Beträgt die Hypothek nur 200'000 Franken, zahlt der Hausbesitzer in unserem Beispiel jedes Jahr über 5'000 Franken mehr Steuern.

Eigenmietwert: +18'000 CHF
Hypothekarzinsen (200'000 × 2%): -4'000 CHF
Unterhaltskosten: -2'800 CHF
Netto-Mehrbelastung: +11'200 CHF
Zusätzliche Steuern (35%): +3'920 CHF

Wer ist betroffen?

Hauptwohnsitz

Der Eigenmietwert muss versteuert werden bei:

  • Selbstbewohntem Wohneigentum
  • Unentgeltlicher Nutzung durch Angehörige im selben Haushalt (Ehepartner und Kinder)
  • Nutzniessern die die Immobilie unentgeltlich nutzen
  • Wohnberechtigten die die Immobilie unentgeltlich nutzen

Zweitwohnungen und Ferienhäuser

Ferienhäuser und Ferienwohnungen müssen ebenfalls versteuert werden. Seit dem 1. Januar 2011 kommt ausschliesslich der höhere Mietwert für die direkte Bundessteuer zur Anwendung. Der höhere Eigenmietwert soll als Anreiz dienen, die nicht selbst genutzte Ferienwohnung zu vermieten.

Leerstehende Immobilien

Wohneigentümer, die zum Beispiel eine Stelle in einer anderen Stadt antreten, müssen weiterhin den Eigenmietwert für ihr Haus versteuern, auch wenn sie dort nicht mehr wohnen. Es gibt nur zwei Ausnahmen:

  1. Sie können glaubhaft machen, dass Sie versucht haben, die Liegenschaft zu verkaufen oder zu vermieten
  2. Die Liegenschaft befindet sich in einem so schlechten Zustand, dass sie weder verkauft noch vermietet werden kann

Härtefallregelungen

Kantone mit Härtefallklauseln

In den Kantonen Genf, Graubünden, Luzern, Obwalden, Schaffhausen, St. Gallen, Waadt und Zürich gibt es Härtefallklauseln für Wohneigentümer mit geringem Einkommen, beispielsweise Rentner.

Bedingungen für Härtefälle

Übersteigt der Eigenmietwert einen bestimmten Prozentsatz (in der Regel ein Drittel) des Einkommens, wird er reduziert. In Luzern und St. Gallen darf er jedoch nicht unter 60 Prozent sinken.

Reduktion des Eigenmietwerts

Unternutzung

Verändern sich die Wohnbedürfnisse und bleiben Räume neu ungenutzt, können Sie unter Umständen einen tieferen Eigenmietwert geltend machen. In der Praxis ist das etwa beim Auszug eines Kindes oder im Falle einer Scheidung möglich.

Voraussetzungen für Reduktion

  • Räume müssen tatsächlich nicht mehr genutzt werden
  • Keine Nutzung als Gästezimmer oder Bastelraum
  • Für Ferienwohnungen besteht kein Anspruch auf Herabsetzung

Einsprache gegen Eigenmietwert

Die Steuerbehörden schätzen den Eigenmietwert periodisch neu ein. Bei einer Erhöhung haben Sie die Möglichkeit einer Einsprache:

  • Einsprache ist kostenfrei
  • Gerichtsverfahren können teuer werden (Expertisen kosten mehrere tausend Franken)
  • Erfolgsaussichten sind begrenzt, besonders bei allgemeinen Marktanpassungen

Steuerliche Auswirkungen

Wer profitiert vom aktuellen System?

Dieses Steuersystem bevorzugt grundsätzlich Hausbesitzer, die hoch verschuldet sind, weil sie mehr Schuldzinsen abziehen können.

Wer ist benachteiligt?

Das Nachsehen haben Hausbesitzer, deren Schuldzinsen und Unterhaltskosten zusammengerechnet tiefer ausfallen als der Eigenmietwert. Ihre Einkommenssteuern sind höher, als wenn sie kein Haus hätten.

Zinsniveau-Abhängigkeit

Das ist in Zeiten mit sehr tiefen Hypothekarzinsen allerdings auch bei hoch verschuldeten Eigenheimbesitzern meistens der Fall.

Zusätzliche Steuern auf Immobilien

Mehrfachbesteuerung

Wohneigentum wird in der Schweiz mehrfach besteuert:

  • Vermögenssteuer: Der Wert als steuerbares Vermögen
  • Eigenmietwert: Als steuerbares Einkommen
  • Liegenschaftssteuer: Mehr als die Hälfte der Kantone erheben 0,1 bis 0,3 Prozent des Liegenschaftswertes
  • Grundstücksgewinnsteuer: Bei Verkauf mit Gewinn

Abzüge als Ausgleich

Im Gegenzug können abgezogen werden:

  • Hypothekarschulden vom Vermögen
  • Hypothekarzinsen vom Einkommen
  • Unterhaltskosten vom Einkommen

Geplante Abschaffung des Eigenmietwerts

Aktueller Stand (2025)

Am 20. Dezember 2024 haben sich sowohl der Stände- als auch der Nationalrat für ein Ende der Eigenmietwertbesteuerung ausgesprochen. Am 28. September 2025 stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über die Abschaffung des Eigenmietwerts ab.

Bedingungen für die Abschaffung

Die Abschaffung ist gekoppelt an die Einführung einer kantonalen Liegenschaftssteuer auf Zweitwohnungen. Nur wenn beide Vorlagen angenommen werden, tritt der Systemwechsel in Kraft.

Auswirkungen der geplanten Reform

Bei Annahme der Vorlage:

  • Wegfall des Eigenmietwerts für selbstgenutztes Wohneigentum am Hauptwohnsitz
  • Zweitliegenschaften bleiben weiterhin steuerpflichtig
  • Neue Abzugsbegrenzungen für Hypothekarzinsen
  • Inkrafttreten frühestens 2026, eher 2027

Optimierungsstrategien

Kurzfristige Massnahmen

  1. Alle Abzüge ausschöpfen: Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten vollständig geltend machen
  2. Unterhaltsarbeiten optimieren: Timing von Reparaturen und Renovationen
  3. Einzelnachweis prüfen: Effektive Kosten vs. Pauschale vergleichen
  4. Unternutzung dokumentieren: Bei veränderten Wohnverhältnissen

Mittelfristige Strategien

  1. Hypothekarstrategie: Optimale Verschuldung unter Berücksichtigung der Tragbarkeit
  2. Energetische Sanierungen: Sowohl Abzug als auch Wertsteigerung
  3. Professionelle Beratung: Steuerberater für komplexe Situationen

Langfristige Planung

  1. Amortisationsstrategie: Direkte vs. indirekte Amortisation abwägen
  2. Verkaufszeitpunkt: Grundstücksgewinnsteuer berücksichtigen
  3. Nachfolgeplanung: Steueroptimale Übertragung an nächste Generation

Häufige Fehler vermeiden

Dokumentation

  • Unvollständige Belege: Alle Unterhaltskosten systematisch sammeln
  • Falsche Kategorisierung: Wertvermehrung vs. Unterhalt unterscheiden
  • Fehlende Nachweise: Besonders bei effektiven Kosten

Steuerplanung

  • Timing ignorieren: Reparaturen und Investitionen optimal verteilen
  • Pauschal vs. effektiv: Jährlich beste Variante wählen
  • Zinsstrategie: Steuerliche vs. finanzielle Optimierung abwägen

Praktische Tipps

Belegführung

  • Digitale Erfassung: Apps und Software für Kostenverfolgung
  • Kategorisierung: Klare Trennung zwischen Unterhalt und Wertvermehrung
  • Langfristige Archivierung: 10 Jahre Aufbewahrungspflicht

Jahresplanung

  • Kostenvorschau: Budget für Unterhaltsarbeiten
  • Steuerliche Optimierung: Ausgaben auf günstige Jahre verteilen
  • Professionelle Unterstützung: Rechtzeitig Beratung einholen

Fazit

Die Besteuerung selbstbewohnter Liegenschaften in der Schweiz erfolgt über den Eigenmietwert als fiktives Einkommen (60-70% der Marktmiete), wobei Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten abgezogen werden können.

Kernpunkte:

  • Eigenmietwert: Fiktives Einkommen basierend auf Marktmiete
  • Abzüge: Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten vollständig absetzbar
  • Kantonale Unterschiede: Verschiedene Berechnungsmethoden
  • Benachteiligung: Besonders bei niedrigen Zinsen und geringer Verschuldung
  • Zukunft: Mögliche Abschaffung nach Volksabstimmung im September 2025

Das aktuelle System bevorzugt hoch verschuldete Eigentümer und benachteiligt solche mit geringer Verschuldung oder abbezahlten Hypotheken. Die geplante Abschaffung könnte grundlegende Änderungen bringen, steht aber noch unter dem Vorbehalt der Volksabstimmung.

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